Games'n'Politics: Lizenzen in Spielen

Michael Schulze von Glaßers Videoreihe "Games'n'Politics" wirft einen pointierten Blick auf die Schnittstellen zwischen Spielen, Gesellschaft und Politik. Auf VGT ergänzt Michael seine Videoserie um erweiternde Texte zum Thema. Eine Langfassung des folgenden Artikels ist in der fünften Ausgabe des Bookzines WASD erschienen und wurde auch von ZEIT-Online veröffentlicht.

Schlechte Zeiten für die Fans der Marvel-Actionfigur „Spider-Man“: das kürzlich veröffentlichte Videospiel „The Amazing Spider-Man 2“ wurde von der Fachpresse zerrissen. Die „GameStar“ sprach von einer „schludrig produzierten Filmadaptionen“, die „PC Games“ von einer „herben Enttäuschung“ und auf der Website „Metacritic“ welches die Bewertungen vieler Fachmagazine summiert, kommt „The Amazing Spider-Man 2“ nur auf 53 von 100 möglichen Punkten. Auch das 2012 erschienene Vorgängerspiel brachte es nur auf niedrige Wertungen und bot wenig Spielspaß. Ganz anders ist es mit den letzten Videospielen zum DC-Superheld „Batman“: das 2011 erschienene „Batman: Arkham City“ brachte es auf „Metacritic“ zu 91 Punkten. Auch die Nachfolgespiele wurden von der Fachpresse gut bewertet.

Der Umgang von Videospiel-Herstellern mit Lizenzen wie etwa denen der „Spider-Man“- und „Batman“-Comics ist sehr unterschiedlich. „Lizenz-Gurken“ sind keine Seltenheit und haben eine lange Geschichte. Leidtragende solcher Entwicklungen sind die Fans und Videospieler, die wegen oft exklusiver Vergaben von Lizenzen kaum Auswahl haben, wenn sie in die Rolle ihres Lieblings-Superhelden schlüpfen wollen.

Das Problem rund um Lizenzen in Videospielen geht aber noch viel weiter und ist sehr komplex: wo in den virtuellen Fußball-Spielen der „Fifa“-Reihe des Herstellers „Electronic Arts“ etwa Spieler und Mannschaften mit Original-Namen vorkommen, gibt es in der konkurrierenden „Pro Evolution Soccer“-Reihe von „Konami“ teilweise Mannschaften mit Fantasie-Namen, dafür aber Original-Wettbewerbe wie die „UEFA Champions League“. Grund sind auch hier exklusiv vergebene Lizenzen. Anders sieht dies bei Spielen aus, in denen Autos dargestellt werden: Auto-Hersteller vergeben keine exklusiven Rechte, ihre Fahrzeuge in der virtuellen Welt darstellen zu dürfen, dafür sichern sie sich aber ein Mitspracherecht. So ist es in vielen Spielen wie etwa der „Need for Speed“-Reihe nicht möglich, Autos komplett zu zerstören – denn dies würde den Werbeeffekt für den Hersteller zunichtemachen. Selbst frontale Unfälle führen nur zu wenigen Beulen und Lackschäden an den Marken-Autos.

Lizenzgebühren werden letztlich von den Verbrauchern finanziert - die so zum Teil auch die Waffenindustrie bezahlen.

Spiele wie „GTA V“, in denen auf Original-Lizenzen verzichtet wurde, in denen die dargestellten Autos aber an die Realität angelehnt sind, brauchen keine Rücksicht bei der Zerstörung der dargestellten Fahrzeuge nehmen – dementsprechend sind Autos in „GTA“ auch bis zur Unkenntlichkeit zerstörbar. In Militär-Shootern sind es wiederum Waffenhersteller, die teilweise Gebühren verlangen, wenn ihre „Produkte“ in der virtuellen Welt dargestellt werden sollen – refinanziert werden diese Lizenzgebühren letztlich von den Verbrauchern, die über ihren Kauf somit auch die Waffenindustrie finanzieren.

Virtuelle Fußballspiele, die nicht alle Original-Spieler, Mannschaften und Wettbewerbe beinhalten, Auto-Spiele, in denen die realen Hersteller-Marken sogar die Immersion stören und Waffenproduzenten, die Lizenzgebühren einfordern und somit auch von Spielern finanziert werden: Lizenzen führen bei heutigen Videospielen zu allerlei Chaos, Störung des Spielerlebnisses und einer Finanzierung von Unternehmen, die Spieler vielleicht gar nicht mit ihrem Geld unterstützen möchten. Das Hauptproblem ist dabei mangelnde Transparenz: welche Lizenzvereinbarungen es gibt und wie sie aussehen, ist in den allermeisten Fällen unbekannt – alle Beteiligten schweigen.

Und die zurückbleibenden Verbraucher müssen sich weiter mit Unbehagen durch schlechte Spiele wie „The Amazing Spider-Man 2“ hangeln, ohne zu wissen, ob jemals Besserung kommt.

Ein Gastbeitrag von Michael Schulze von Glaßer

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