Best of Indie November 2015

Der PC war und ist die Ursuppe, aus der die meisten Indies an Land steigen, doch 2015 dürfen sich auch Konsolenbesitzer immer häufiger auf Spiele aus Independent-Kreisen freuen - auch wenn’s manchmal, wie bei den vorgestellten Titeln dieses Monats, noch ein wenig dauern kann, bis die Titel auch in den Downloadstores der Wohnzimmerspielgeräte landen.

Und auch wenn Lichtschwertkämpfe und Ausflüge ins verstrahlte Boston im Moment viele Spieler an die “großen” Titel fesseln, kommen zeitweise Entspannungstrips in ganz andere Gefilde gerade recht. “XCOM”-Freunde, besonders aufgepasst: Hier sind die spannendsten Indie-Titel der vergangenen Wochen.

Mordheim: City of the Damned

(Windows, 39,99 Euro; PS4, XBO Anfang 2016)

Nach “Vermintide” schon wieder ein Spiel aus dem populären “Warhammer”-Universum, und wieder ein unabhängiger Entwickler: “Mordheim” ist ein Kultklassiker des strategischen Tabletopspiels mit Würfeln und Miniaturen, nun lässt sich der endlose Kampf um die von Dämonen und Söldnern überrannte Fantasystadt auch am Monitor fortsetzen. Rundenweise, nach dem Vorbild der unzerstörbaren “XCOM”-Reihe, kommandieren Spielerinnen und Spieler ihre kleine Schar aus vier sehr unterschiedlichen Fraktionen rekrutierbaren Söldnern im Kampf gegen allerlei Bösewichte.

Blutige Strategieneulinge werden sich an “Mordheim” wegen leider umständlicher Steuerung, einer Vielzahl an Optionen und, bei aller Strategie, unvermeidlichem Glücksfaktor vermutlich zu Beginn die Zähne ausbeißen, wer jedoch immer schon eine Schwäche für harte taktische Überlebenskämpfe mit einer ans Herz wachsenden Gruppe raubeiniger Fantasy-Helden hatte, findet hier eine spannende Herausforderung mit Ecken und Kanten sowie einigen Multiplayer-Optionen. Die Entwickler feilen auch nach Abschluss der langen Early-Access-Phase weiter an ihrem Werk - ein Tipp für Taktikprofis.

Rebel Galaxy

(Windows, 19,99 Euro; PS4, XBO in Vorbereitung)

Fremde Galaxien, Rebellen, riesige Raumschiffe - nein, diesmal ist zur Abwechslung nicht “Star Wars” gemeint. In “Rebel Galaxy” erleben die alten Tugenden klassischer Space-Operas der Marke “Freelancer” ein buntes Revival: auf einem riesigen galaktischen Open-World-Spielplatz Handel zu treiben, das eigene Raumschiff nach und nach zur gewaltigen Fregatte aufzurüsten und auch abseits von Haupt- und Nebenmissionen als Händler, Diplomat, Pirat oder Söldner einfach den Weltraumalltag zu erleben.

All das klingt nach “Elite light”, und so ist es auch - im positiven Sinne. Größter spielerischer Unterschied zu anderen Weltraumtiteln: Der bunte Weltraum von “Rebel Galaxy” bleibt flach, das heißt, die Kämpfe spielen sich wie Seeschlachten auf einer zweidimensionalen Ebene ab. Diese vermeintliche Einschränkung ist im Lasergewitter aber schnell vergessen. Als abwechslungsreiche Weltraumoper hat das Spiel ehemaliger “Torchlight”-Entwickler um einiges mehr Inhalt zu bieten als die aktuellen Schlachtfelder der offiziell lizensierten Sternenkrieger.

Clandestine

(Windows, 22,99 Euro)

Originelle Koop-Idee gefällig? Wer immer schon als Geheimagent mit einem unterstützenden Hacker als mächtigem Operator im Hintergrund auf Stealth-Abenteuer gehen wollte, hat mit “Clandestine” sein Traumspiel gefunden. Im mehr als soliden Action-Teil steuert ein Part des Spielerduos direkt die rothaarige Agentin möglichst unbemerkt durch feindliches Gelände, während der oder die Mitspielerin gleichzeitig Sicherheitssysteme hackt, Alarme vermeidet und Security-Kameras übernimmt. Der originelle Mix aus Schleichspiel und an Hackerspiele wie das klassische “Uplink” erinnerndem Puzzleteil im Hintergrund erzeugt besonders im “richtigen” Koop mit menschlicher Unterstützung Hochspannung, doch auch Einzelkämpfer, die zwischen den beiden Rollen wechseln müssen, haben Spaß am Agentenleben.

An der Hand genommen wird man dabei nicht: Wie genau die Missionsziele erreicht werden, ist der Fantasie und Kreativität des ungleichen Duos überlassen - von “heimlich, still und leise” bis “James Bond an einem schlechten Tag” ist alles möglich. Mit insgesamt 14 umfangreichen Missionen bietet “Clandestine” einige Abende an spannendem asymmetrischen Koop-Spiel - eine echte Innovation.

Hard West

(Windows, Mac, Linux, 19,99 Euro)

Der Wilde Westen bleibt trotz einiger Leuchttürme wie “Call of Juarez: Gunslinger” und natürlich “Red Dead Redemption” sträflich unterrepräsentiert im Medium Computerspiele; da kommt “Hard West” des polnischen Entwicklers PlayWay gerade recht. Als origineller Mix aus taktischer Rundenstrategie der Marke “XCOM” sowie Adventure- und Rollenspielelementen bevölkert es allerdings seine Prärien und Goldschürferstädtchen nicht nur mit den üblichen Genrebösewichten, sondern fügt auch noch eine gehörige Portion Horror- und Mystery-Elemente dazu. So lassen sich die Pistoleros nicht nur mit Colts und Gewehren, sondern auch mit zunehmend unheimlicher werdenden übernatürlichen Fähigkeiten für ihren Kampf gegen Banditen und Dämonen ausrüsten.

So bunt gemischt wie das Setting ist auch das Gameplay geraten: Neben dem spielerischen Hauptanteil, den rundenbasierten Kämpfen mit Schusswaffen und Magie, stellt “Hard West” auch immer wieder vor adventure-typische Entscheidungen und verlangt die detaillierte Hege und Pflege der eigenen Kämpfer, die sich so zu recht unterschiedlichen Spezialisten ausbilden lassen. “Hard West” ist ein einzigartiges Spiel mit viel Ambition und Charakter - nicht nur Westernfans und “Jagged Alliance”-Veteranen werden daran ihre Freude haben.

Mini Metro

(Windows, Mac, Linux, ca. 9,99 Euro; iOS, ANdroid in Vorbereitung)

Schon 2014 begeisterte “Mini Metro” als Browserspiel die Spielerschaft, nun ist das clevere und meditative Strategiepuzzle auch als erweiterte Standalone-Version erschienen. Als Stadtplaner ist es Aufgabe der Spielerinnen und Spieler, die optimale Ubahn-Infrastruktur in verschiedenen realen Städten zu errichten. Präsentation und Flow sind die absoluten Highlights in dieser ästhetisch fantastischen Highscore-Jagd, bei der sich mit zunehmendem Spielverlauf immer schwerer zu bewältigende Passagiermassen in den öffentlichen Nahverkehr stürzen.

Obwohl die Startphasen jeder Partie geradezu Zen-mäßige Ruhe verströmen, wird die effiziente Planung und Verwaltung schnell zum herausfordernden Versuch, möglichst viele Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Dass dennoch keine stressige Hektik aufkommt, ist auch dem außerordentlichen prozeduralen Soundtrack des US-Musikers Disasterpiece zuzuschreiben: Aus den einzelnen Elementen des Gameplays ergeben sich ätherische, immer neue Ambient-Soundcollagen, die perfekt zur entspannt minimalistischen Atmosphäre passen. “Mini Metro” ist nichts weniger als ein Meisterwerk des Designs.

Und sonst? https://www.youtube.com/watch?v=7iE9A0-grxw

So war das also mit dem Untergang der Maya: In Mayan Death Robots (Windows, Mac, Linux, 14,99 Euro; PS4, XBO Anfang 2016) bekämpfen sich riesige außerirdische Roboter in destruktiven Duellen - der Klassiker “Worms” lässt grüßen. Neben spaßigen Online- oder Local-Deathmatches vor einem Computer werden auch Koop-Schlachten geboten; ein äußerst unterhaltsamer Fixstarter für die Couch-Spielesession mit Freunden.

Ein kleiner Nachzügler, der bei Release untergegangen ist, aber für Freunde klassischer Point&Click-Adventures eventuell die Vorweihnachtszeit retten könnte: Mit AR-K: The Great Escape (Windows, Mac, Linux 7,99 Euro) bietet das spanische Studio Gato Salvaje ein charmantes SF-Abenteuer aus der Feder des “Gotham Central”-Comic-Autors Greg Rucka; dass “The Great Escape” bereits Teil drei der Geschichte ist, muss Neueinsteiger weniger stören.

Ein wahres Schwergewicht ist dagegen The Incredible Adventures of Van Helsing: Final Cut (Windows, Mac, 41,99 Euro), und das nicht nur wegen des Preises: Der “Final Cut” des Action-Rollenspiels in der Tradition von “Diablo 2” sammelt alle drei sehr soliden Einzelspiele der Reihe in einer runderneuerten und erweiterten Fassung; Besitzer der Trilogie müssen nicht erneut bezahlen. Das originelle Steampunk-Goth-Setting, schräger Humor und recht unterschiedliche Charakterklassen machen das Spiel der ungarischen Entwickler zu einer runden Sache für Freunde des gepflegten Monstertotklickens.

Ein DLC-Hinweis zum Schluss: Das großartige Invisible Inc (Windows, Mac, Linux, 9,99 Euro) holt mit dem soeben erschienenen Add-on Contingency Plan Geheimagenten zurück an die Bildschirme.

Autor: